Der Kühlschrank
Gleichzeitig mit den Irrungen und Wirrungen um die Garage ergab sich die Geschichte mit dem Kühlschrank.
Ein Ovambo, der sich als direkten Nachbar Sagas in die Mietverhältnisse des illegal operierenden Staatsangestellten begeben hatte, entschied sich, wieder ins Ovamboland zu reisen. Er wollte sich persönlich um seinen wachsenden Reichtum in Form von wandelndem Vieh kümmern. Irgendwie war er beeindruckt, wie unsere Saga mit ihren Schicksalsschlägen zurechtkam, und er bewunderte sie. Er wollte ihr etwas Gutes tun und bot ihr an, dass sie seinen Kühlschrank zu dem stark herabgesetzten Preis von N$ 500,00 kaufen dürfe. Jedem anderen würde er das Doppelte abverlangen.
Saga versuchte, ihre Barschaft zu berechnen, fand dazu aber keine Anhaltspunkte. Wie meistens fand sie auch nicht eine einzige Münze im Haushalt. Mutig suchte sie daraufhin Onki auf, der leider wegen der schlechten Zeiten üüüberhaupt gar nichts beitragen konnte. Opi bedauerte ebenfalls, dass er rein zufällig nicht mal mit der geringsten Summe aushelfen könne.
Da entschied Saga, in Hinsicht auf den zu erhoffenden Weihnachtsbonus, E. bei den Berechnungen mit einzubeziehen. E. konnte ihr zwei Hunderter versprechen. Aus Erfahrung behielt sie sich insgeheim vor, den 3. Hunderter für den Schulbeginn aufzubewahren, damit die nötigen Anschaffungen für Sagas Kinder getätigt werden konnten.
Glücklicherweise überraschte die neue Arbeitsstelle auch mit einem Hunderter. Saga hatte also drei rote namibische Scheine für die Anzahlung. Von der Bekleidungsfirma konnte Saga keinen Bonus erwarten, da sie schon zuvor nie einen erhalten hatte.
Der freundliche Ovambo zeigte sich mit der Anzahlung zufrieden und glaubte Sagas Versprechungen, dass sie im neuen Jahr den Rest abzahlen wolle.
Sagas Familie war beeindruckt. Onki kam sofort herbeigeeilt, um das Wunder zu bestaunen. Noch bewohnte Saga ja das kleine Zimmerchen. Dort drängelte sich also nun auf engstem Raum das Bett, der winzige Tisch mit dem Zwei-Platten-Herd, der kleine Kleiderschrank, ein oder sogar zwei Stühle und nun auch der kleine Kühlschrank. Der Kühlschrank hatte ein kleines Gefrierfach, das Saga zum Träumen verführte:
„Jetzt kann ich bei einem günstigen Angebot sogar eine Packung Suppenknochen extra mitnehmen und sie im Gefrierfach aufbewahren. Da spare ich schon ein kleines bisschen!“
„Ja, aber wie willst du die restlichen N$ 200,00 zahlen?“ erkundigte sich Onki besorgt.
„Das weiß ich noch nicht,“ gab Saga zu bedenken. „Wenn ich es nicht zahlen kann, muss ich den Kühlschrank sicher zurückgeben. Du willst mir ja nicht helfen.“
„Nein, ich habe leider nicht das nötige Geld dazu,“ bedauerte Onki wiederum, während er heimlich mit gierigen Blicken Sagas Errungenschaft begutachtete. Nach einer weiteren Tasse Kaffee rang er sich zu dem heroischen Entschluss durch, Saga von der Geldsorge zu befreien:
„Saga, ich habe es mir so überlegt: Du kannst dir den restlichen Betrag für die Abzahlung ja nicht leisten. Wie wäre es, wenn ich dir doch die zweihundert Dollar gäbe? Aber dann gehört der Kühlschrank mir! Wenn wir ihn zurückgeben, hat keiner von uns etwas davon, aber mit meinen 200 Dollar habe wenigstens ich den Kühlschrank.“
Saga wollte sich dieses Angebot erst noch überlegen, bevor sie zusagte. Onki begab sich mit Hoffnung im Herzen nach Hause und träumte nun seinerseits.
Zum Glück wandte sich Saga auch diesmal an E. und schilderte ihr das Angebot von Onki. E. rechnete ihr vor:
„Onki hat kein Geld, dass er die leihen kann, aber er hat sofort Geld, wenn er den Kühlschrank für sich kaufen kann. Und was wird aus deiner Anzahlung? Will er sie dir ersetzen? Natürlich nicht, denn er hat ja kein Geld. Wolltest du wirklich ihm einen Kühlschrank schenken und dafür 300 Dollar ausgeben? Der Kühlschrank ist für dich gedacht! Wenn der Ovambo einen anderen Käufer gewollt hätte, hätte er das Doppelte verlangt, hat er dir doch gesagt. Oder nicht?“
„Ja, ich habe mich schon gewundert, dass Onki einesteils kein Geld hat, aber dann sofort genug hat, den Eisschrank zu kaufen.“
„Er hat nicht genug, Saga. Deine Anzahlung will er schließlich auch noch ausnutzen! Merkst du denn nicht, dass er denkt, du seiest vollkommen doof, um nicht sein Spielchen zu durchschauen? Er muss doch wissen, dass du besser rechnen kannst als dass ihm sein dummer Trick gelingen könnte. Keine Sorge. Du wirst dir den Kühlschrank leisten können, auch wenn ich dir im Februar das Geld vorstrecke und du es bei mir zinslos abzahlst. Aber Onki bekommt ihn nicht! Auf keinen Fall! Basta!“
Noch einmal musste die Diskussion durchgeführt und von allen Seiten beleuchtet werden, bis Saga sich dazu entschloss, von E.‘s Abzahlungsangebot Gebrauch zu machen.
Onki war bestimmt nicht begeistert und hat wahrscheinlich einige böse Gedanken in Richtung Frau E.‘s geschickt, aber damit wusste E. voller Genugtuung zu leben. Wieder ein kleiner Sieg!