Am Pädagogischen Institut der Universität Zürich wird derzeit (2005) die erste Studie im deutschsprachigen Raum erarbeitet, die sich mit häuslicher Gewalt aus Sicht von Kindern und Jugendlichen befasst.
Ein Teil der mündlich befragten Kinder leidet unter sogenannter «Trennungsgewalt» (Stalking). Dieses Phänomen manifestiert sich nicht nur physisch, ebenso wenig ist es bloss der einmalige Höhepunkt einer längeren Beziehungskrise. So ist ein Teil der befragten Kinder auch nach langjähriger Trennung ihrer Eltern mit Dauerbelastungen wie Verleumdungen oder Drohungen gegenüber der Mutter konfrontiert. Diese Tatsache zeigt, dass häusliche Gewalt nach einer Trennung nicht automatisch aufhört.
Am meisten verblüfft hat die Gewaltforscherin die Klarsicht vor allem der über 11-/12-Jährigen, mit der diese die «Dominanzrituale» der Väter durchschauen. Während die Mütter alles daransetzten, ihre Kinder abzuschirmen, und ihnen zuliebe ausharrten, erachteten die Kinder die endgültige Trennung vom Vater trotz emotionalen Vorbehalten oft als das kleinere Übel und als Erleichterung. Vielen Kindern sei zudem klar, dass die Gewalttätigkeit der Väter mit einem Defizit zu tun hat.
Wegen der Gefahr der Retraumatisierung der Kinder ist das Forschungsprojekt zunächst bei verschiedenen Institutionen auf Vorbehalte gestossen. Rückblickend habe sich aber gezeigt, dass die Kinder und Jugendlichen es sehr schätzten, interviewt zu werden. Manche hatten zum ersten Mal Gelegenheit, ausserhalb der Familie über die Problematik zu reden. Zurückhaltende Taktik, nämlich nicht zu bohren, nicht zu viele Details zuzulassen, hat sich bewährt. Während häusliche Gewalt unbestritten für Kinder eine grosse Belastung darstellt, ist nicht jedes mit häuslicher Gewalt konfrontierte Kind traumatisiert.
Entscheidend ist, dass die Opfer auf den Schutz von Seiten der Polizei und der Justiz zählen könnten. Eine grosse Hilfe könne zudem das soziale Umfeld sein. Allerdings reiche bei vielen der befragten Kindern das gute Umfeld nicht aus. Neben den rechtlichen Möglichkeiten zum Schutz der Mütter benötigten von Gewalt betroffene Kinder professionelle Beratungsangebote.