Beim Thema Stalking ist die gleichgeschlechtliche Lebensweise bislang vernachlässigt worden. So gehen beispielsweise Zona, Palarea & Lane (1998) und Meloy & Gothard (1995) von einem vernachlässigbaren Anteil homosexueller Personen bei Stalking aus, dieser wird auf weniger als ein Prozent geschätzt.
Der Blick auf gleichgeschlechtliche Beziehungen bringt jedoch sowohl hinsichtlich der Typologie des/der StalkerInnen als auch hinsichtlich der Dynamiken zwischen TäterIn und Opfer neue Erkenntnisse, die so noch nicht in die Diskussion eingeflossen sind. In beiden Aspekten spielt die in der Gesellschaft verwurzelte Homosexuellenfeindlichkeit eine wesentliche Rolle.
Die sexuelle Orientierung von TäterIn und Opfer und gesellschaftlichen Vorstellungen von Normalität spielen folglich eine bedeutende Rolle. Die bisherigen Täter-Typologien müssen wie folgt ergänzt werden:
- Der ehemalige Partner, der aus einer vormaligen heterosexuellen Beziehung stammt, und durch Stalking-Aktivitäten seiner Ablehnung der nunmehr lesbischen Lebensweise der ehemaligen Partnerin Ausdruck verleiht. Die daraus resultierende Dynamik richtet sich jedoch nicht notwendigerweise gegen die ehemalige Partnerin, sondern eher gegen deren neue Lebensgefährtin, die in seinen Augen die "lesbische Verführerin" darstellt.
- Die lesbische ehemalige Partnerin, die durch nach-partnerschaftliche Stalking-Aktivitäten, im Regelfall auf Gewalt in der Beziehung rekurrieren, und die Täterin dabei besonders auf die lesbischen Lebensumstände des Opfers abzielt.
Quelle: Constance Ohms "Stalking und Häusliche Gewalt in lesbischen Beziehungen" Dokumentation der Fachtagung "Stalking - Möglichkeiten und Grenzen der Intervention" der Universität Hamburg, Institut für Kriminologische Sozialforschung (2004), S.121-146.